Allgemeines zu Venedig:
Venedig hasst man oder liebt man. Für die einen ist Venedig hässlich, dreckig, vom Verfall gekennzeichnet – die größte Kloake der Welt halt. Für andere ist es eine der schönsten Städte der Welt.
Der „Serenissima“ („Durchlauchte“ oder „Heiterste“), wie Venedig in der Zeit der venezianischen Republik genannt wurde, kann man sich nur zu Fuß nähern. Dies macht meines Erachtens einen großen Teil Ihres Charmes aus. Es gibt keine Autos, nur Boote oder die eigenen Füße. Selbst der Kranken-oder Leichenwagen kommt in Form eines Bootes.
Venedig ist ein Paradies für Kulturinteressierte und Kunstfreunde, gibt es doch kaum eine Kirche, in der nicht ein Gemälde eines großen Künstlers hängt, kaum ein Haus oder Platz, die keine historische Bedeutung haben.
Venedig selbst hat mit seinen sechs Stadtteilen (Sestieri) schon genug zu bieten, so dass man mindestens eine Woche bräuchte, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Museen mit Muße zu besuchen. Aber es lohnen auch Ausflüge auf den ruhigen und weniger überlaufenen Lido di Venezia (Fahrradtouren, Strand) und auf andere Inseln wie Murano und Burano.
Das zentrale Sestiere ist San Marco mit den Hauptsehenswürdigkeiten. Es stellt nicht nur den geographischen, sondern auch den geistigen und politischen Mittelpunkt Venedigs dar. Sehr viele Besucher sind Tagesausflügler, die mit Bussen oder Kreuzfahrtschiffen in die Stadt einfallen. Sie kommen über dieses Sestiere nicht hinaus. Dabei lohnen die Sestieri San Polo und Santa Croce auf jeden Fall ebenfalls einen Besuch. Hier findet man nämlich schon deutlich weniger Touristen und auf manchen Plätzen sogar nur Einheimische. Viele enge Gassen und Plätze bilden ein Labyrinth, in dem man sich manchmal sogar mit Stadtplan verläuft. Im Sestieri Dorsoduro befindet sich eine der letzten beiden Gondelwerften und die Zattere, „die“ Flaniemeile der Venezianer.
Vor Ankunft in Venedig war ich doch sehr skeptisch, ob die hohen Erwartungen erfüllt werden können. Doch sie sind sogar übertroffen worden!
Sehenswürdigkeiten
Markusplatz mit Dom, Dogenpalast und Campanile
Der Markusplatz wurde von Napoleon als „der schönste Salon Europas“ bezeichnet, „dem als Decke zu dienen nur der Himmel würdig ist“. Er stellt einen L-förmigen Grundriss dar. Mit der Markuskirche, dem Dogenpalast, dem Campanile und den Arkaden gehört er sicherlich zu den schönsten Plätzen der Welt. (Der Dogenpalst liegt eigentlich an der Piazetta, die von vielen Touristen fälschlicherweise für den Markusplatz gehalten wird.)
Die Markuskirche (11Jh.) ist das wichtigste Bauwerk der Stadt, was für Besucher zu erheblichen Wartezeiten auch in der Nebensaison führen kann. Sie ist mit so vielen wertvollen Stücken ausgestattet, dass ich hier nur das kostbarste nenne: die Pala d’Oro: ein großer Altaraufsatz aus Gold und Emaille aus verschiedenen Eposchen (10.-14.Jh.) sowie vielen Perlen und Edelsteinen.
Der Dogenpalast steht dem Dom in nichts nach. Im 14./15 Jh. wurde der Regierungssitz der Dogen mit vielen prunkvollen Räumen erbaut. Die berühmte Seufzerbrücke führt vom Dogenpalast direkt zum einstigen Gefängnis der Stadt. Am meisten hat mich hier der „Saal des Großen Rats“ beeindruckt – der größte und schönste Saal des Palastes. An den Wänden und Decken sind vieleGemälde von Tintoretto, Veronese zu bestaunen. U.a. auch das größte Ölgemalde der Welt: „Das Paradies“ von Tintoretto (7x22m groß).
Campanile mit Granitsäule auf Piazetta
Der Campanile (Kirchturm) bietet mit seinen 95m Höhe eine gute Gelegenheit, sich die Stadt und Lagune aus der Vogelperspektive anzuschauen. Er ist 1902 in sich zusammen gefallen und 1903 bis 1912 Stein für Stein neu aufgebaut worden.
Rialto Brücke und Canale Grande
Die 48m lange, 22m breite und auf 12000 Pfählen erbaute Brücke (1588-91) verbindet die beiden Stadtteile San Marco und San Polo. Sie dient zugleich als Fußgängerüberweg über den Canale Grande, Ladenstraße und Aussichtspunkt. In ihrer unmittelbaren Umgebung liegen viele Gondeln und entlang des Canale Grande viele Restaurants mit schönem Blick auf das Bauwerk. Betritt man über die Brücke das Sestiere San Polo, so findet man hier den täglichen Markt (außer sonntags), auf dem man Obst und Gemüse, Fisch, Lederwaren, T-Shirts und allerlei anderen Kram kaufen kann. Und da hier auch die Einheimischen kaufen, stimmen die Preise.
Canale Grande
Der Canale Grande durchschlängelt Venedig vom Bahnhof bis zum Markusplatz. Am besten erkundet man ihn mit einem Vaporetto (Linienboot), wobei man ihn in beiden Richtungen befahren sollte, damit man sich pro Richtung auf eine Seite des Kanals konzentrieren kann. Die Vielzahl prächtiger Paläste und Kirchen droht einen sonst zu erschlagen. Bei der Fahrt fühlt man sich manchmal in ein riesiges Freilichtmuseum versetzt. Also: Bitte einsteigen, zurücklehnen und staunen!
Tipps
Reisezeit:
Die schönsten Monate sind Mai, Juni und September. Zwischen September und April ist Hochwasser (aqua alta). Die Monate Oktober und November sind die regenreichsten (Gummistiefel nicht vergessen!). In den Sommermonaten Juli/August ist die Stadt nicht nur brechend voll, sondern auch das Niedrigwasser kann einem zu schaffen machen, da der Schlamm in der Hitze anfängt zu stinken. Im Herbst und Winter liegt oft dichter Nebel über der Stadt, so dass die Vaporetti wegen starker Sichtbehinderung nur eingeschränkt fahren können.
Reisedauer:
Ein Tagesausflug kann nur einen Eindruck bieten, und man kommt über den Markusplatz mit seinen Sehenswürdigkeiten kaum hinaus. Zwei bis drei volle Tage sollte man also mindestens einplanen, damit man eine gute Übersicht bekommt. Aber wer die Stadt und ihr Umfeld wirklich kennen lernen möchte, der braucht schon eine ganze Woche, um auch auf die Nachbarinseln, nach Chiogga oder auf den Lido zu fahren.
Anreise:
Wer mit dem Auto fährt und in der Stadt wohnen möchte, der muss es auf dem größten Parkplatz Europas abstellen – dem Tronchetto Parkplatz am Kreuzfahrtterminal. Für knapp 13€ pro 24 Stunden nicht gerade ein preiswertes Vergnügen. Weitere Parkmöglichkeiten bieten die Parkhäuser von Piazzale Roma. Wer mit dem Auto kommt, sollte überlegen, ob er nicht lieber auf dem Lido wohnen möchte. Die Fährüberfahrt kostet knapp 9 € (pro Auto/einfache Fahrt/je nach Länge). Mit Insassen ist das zwar hin und zurück gerechnet auch nicht billig, aber im Zweifelsfall wohnt man auf dem Lido ruhiger, hat den Strand gleich vor der Haustür, kann auch mal im Grünen spazieren gehen, und das Preis-Leistungs-Verhältnis der Hotels ist einfach besser.
Bahnreisende kommen im Bahnhof Venezia-Santa Lucia an, von wo es per Linienboot weiter zum Hotel geht.
Flugreisende haben die Möglichkeit per Bus entweder mit oder ohne Zwischenstopps je nach Linie bis Piazzale Roma zu fahren. Besonderen Reiz bietet die Bootsfahrt mit Alilaguna vom Flughafen in die Stadt. (Knapp 10€ pro Strecke und Person). Außerdem gibt es Taxiboote.
Einkehren:
Wer unbedingt auf dem Markusplatz seinen Espresso trinken muß, der kann das für bis zu 8€ tun. Wer sparen möchte, der sollte sich ins Gassengewühl begeben und dort trinken und essen, wo auch de Venezinaner einkehren. Denn da ist Venedig bezahlbar. Zwar immer noch teurer als auf dem Festland, aber das ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, mit wieviel Mühe alle Lebensmittel durch die Stadt transportiert werden müssen.
Venice Card:
Diese Karte lohnt sich bei mehrtägigen Aufenthalten in der Stadt. Sie gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel und die Toiletten. In der Venice Card orange sind zusätzlich die Eintrittsgelder für neun Museen enthalten. Wichtig: Diese Karte muß 48 Stunden im Voraus gebucht werden, im Internet unter www.venicecard.it oder unter unter einer Call-Center Nummer. Man kann sie für einen, drei oder sieben Tage kaufen.
Souvenirs:
Lederwaren kann man noch heute gut in Venedig einkaufen: Schuhe, Handtaschen, Gürtel, Lederkleidung. Die Herstellung von Leder hat eine lange Tradition in der Stadt.
Natürlich kommt man nirgendwo an den venezianischen Masken vorbei, sei es aus Gips, Keramik, Leder oder Holz.
Außerdem sind Murano-Glas, künstlerisch gestaltetes Papier, Spitzen von Burano, Silber, Stoffe und Antiquitäten beliebte und typische Souvenirs.
Verkehrsmittel
Der öffentliche Nahverkehr wird von Actv bedient. Es gibt unterschiedliche Linien und Schiffe.
Vaporetti: So heißen die beigen Schiffe, die den Linienverkehr auf dem Canale Grande durchführen.
Motoscafi: Sie sind kleiner als Vaporetti , weiß, verkehren zu den Inseln und umrunden die Altstadt
Eine einfache Fahrt kostet, egal wie weit, 3,09€. Preiswerter kommt da die 24-Stunden-Karte für 9,30€ oder bei mehrtägigen Aufenthalten das 72-Stunden-Ticket für 18,08€. Es lohnt sich auf jeden Fall, das Geld zu investieren, da man dann ohne vorherige Planung umher fahren kann. (siehe auch Venice Card unter Tipps)
Bootstaxi: Diese Taxis erkennt man an kleinen gelben Lizenztafeln. Sie können auch in kleinere Kanäle fahren und sind ziemlich teuer. Obwohl sie Festpreise haben, lohnt sich manchmal eine Preisabsprache. In der Lagunenstadt gibt es 15 verschiedene Taxiunternehmen.
Gondelfähren/Traghetti: Sie bringen Fußgänger im Pendelverkehr an acht Stellen über den Canale Grande. Da es nur 3 Brücken über den Canale Grande gibt, sind diese Traghetti eine willkommene und sehr preiswerte Möglichkeit die Füße zu schonen. Außerdem hat man so die Möglichkeit, eine Gondelfahrt zu genießen, ohne gleich ein Vermögen auszugeben.
Gondeln: Sie werden nur noch zu touristischen Zwecken benutzt. Es gibt elf offizielle Standplätze, wo man für 50 Minuten ca. 62€ zahlt (für bis zu sechs Personen). Wem das zu teuer ist, der findet in den Gondelieri wenigstens ein schönes Fotomotiv.
Karneval in Venedig
Der Karneval in Venedig beginnt am Sonntag vor dem „unsinnigen Donnerstag“ und dauert 10 Tage an. Erst 1979 wieder ins Leben zurück gerufen, orientiert er sich vor allem am 18. Jh. und der Comedia dell‘ Arte.
Die Wurzeln liegen im 11. und 12. Jh.. Auf diese Zeit geht auch der so genannte Taubenflug zurück, bei dem heute eine riesige Pappmaché-Taube vom Campanile auf einem Seil zum Dogenpalast fliegt, jüngst wieder durch eine Akrobatin verkörpert. Vom 11. Jahrhundert bis 1797 war die Taube ein Akrobat, meist türkischer Abstammung, weshalb der Flug Türkenflug genannt wurde. Der Akrobat führte auf der Turmspitze Gleichgewichtskunststücke vor und balancierte anschließend auf einem Seil (der eigentliche „Flug“) hinab zur Loggia des Dogenpalastes. Trotz manchem Todessturz wurde bis 1797, dem Ende der venezianischen Republik und damit auch des Karnevals, an dieser Tradition festgehalten.
In früheren Jahrhunderten begann der Carnevale in den ersten Oktobertagen, wurde vom 16. – 25.12. unterbrochen, um dann bis Aschermittwoch fortgeführt zu werden. Zu der Zeit war es gestattet, die Masken 6 Monate im Jahr zu tragen. Dieser Brauch wurde sehr gepflegt, da er den Einwohnern Venedigs, ob Volk oder adligen Patriziern, und den Fremden einen ziemlich uneingeschränkten Umgang miteinander erlaubte.
War der Karneval einige Jahre nach 1979 ein rein venezianisches Fest, so ist er heute eine internationale Großveranstaltung mit täglichen 125.000 Besuchern bei nur 65.000 Einwohnern. Die Venezianer selbst sind teilweise bestrebt, den Karneval wieder abzuschaffen.
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